Fr, 9. November / 14.00 Uhr und 20.00 Uhr
Landwirtschaftliches Asylheim Hermolingen

Louis Naef:

Der wahre Lebenslauf eines Verdingbuben

 

Nachdem die traditionelle Erzählnacht immer weniger Besucherinnen und Besucher anzog, versuchen wir es mit etwas Neuem. Mit einer Veranstaltung, bei der das Erzählen im Mittelpunkt steht. Den Start macht dieses Jahr der bekannte Dramaturg und Regisseur Louis Naef mit seiner szenischen Lesung auf der Grundlage der Lebenserinnerungen von Franz Meier (1917–2005), Verdingbub aus Willisau, «Der wahre Lebenslauf eines Verdingbuben». Im hohen Alter von 83 Jahren verfasst und im Eigenverlag herausgegeben, zeugt der sehr persönlich gehaltene Duktus von Franz Meiers Autobiographie von einem unrühmlichen Kapitel der Schweizer Sozialgeschichte, der Geschichte der Verdingkinder.

 

Der Schauspieler Otto Huber (Lesung/Spiel), der  Musiker und mehrfache Preisträger Hans Hassler (Musik/Akkordeon) und die aus Hergiswil stammende Kunstschaffende Monika Müller (Bild/Projektionen) versuchen mit den Mitteln von Erzählung und performativem Spiel einen neuen, aktuellen Bezug zur damaligen Verdingproblematik herzustellen. Entstanden ist eine szenische Lesung, welche diesen Stoff ganz aus dem persönlichen Erlebnis entwickelt und die je besonderen Ebenen der Beteiligten – Wort, Spiel, Musik, Bild – künstlerisch zusammenführt.

«Louis Naef hat die Lebensgeschichte des Willisauers Franz Meier (1917–2005), der ein Verdingbub war, in schlichter Atmosphäre als szenische Lesung inszeniert. Der berührende Abend hat einen Protagonisten in den Mittelpunkt gerückt, der bei allem Elend sein Leben bewundernswert gemeistert hat.» Willisauer Bote

 

Eine szenische Lesung

Loius Naef ist per Zufall auf die Autobiographie gestossen. «In kürzester Zeit und völlig intuitiv habe ich mich nach der ersten Lektüre entschlossen, aus diesen fesselnden und mich tief beeindruckenden Erinnerungen mitsamt ihrer Vielfalt von traurigen und melancholischen, aber auch verzweifelten wie poetischen Zügen ein szenisches Projekt zu entwickeln», erinnert sich Naef. Seit dem Sommer 2017 arbeitet auf seine Initiative eine Künstlergruppe an diesem  spartenübergreifenden Projekt.

 

Franz Meier als Erzähler schreit schon mal seine Wut in die Welt hinaus, aber er findet immer auch wieder leisere, ja poetische Töne. Oder er stimmt ein altes Volkslied an. Die aktuelle Topographie der Unbehausten von heute vermischt sich so mit den historischen Themen von Fremdplatzierung, Gewalterfahrung, Stigmatisierung, Flucht und Traumatisierung.

 

Aktuell und exemplarisch

Franz Meiers Autobiographie ist ein emotional starkes und authentisches Zeugnis über das schwierige Leben eines Verdingbuben zwischen den beiden Weltkriegen des vergangenen Jahrhunderts. Ein düsteres Kapitel aus einer vergangenen Zeit, die allerdings heute noch nachwirkt und in der gegenwärtigen politischen Diskussion um die lange verschwiegene Problematik von «Fürsorge und Zwang» über das Lokale und das persönliche Schicksal hinaus exemplarische Bedeutung erhält.

 

Das war Franz Meier

Geboren am 24. September 1917 ist Franz Meier bei kinderlosen Pflegeeltern in der Müligass in Willisau aufgewachsen. Seine leiblichen Eltern waren geschieden. Der Pflegevater arbeitete als Knecht bei einem Bauern. Als Dreijähriger bekommt Franz erstmals Besuch von seiner leiblichen Mutter. Als er zehn Jahre alt war befanden seine Verwandten, es sei jetzt Zeit, dass er zu einem Bauern müsse und arbeiten gehe.

Den Grossteil seiner Verdingzeit hat Meier auf Bauernhöfen in Schülen (Willisau-Land) verbracht. Nach der Schulzeit war er als Knecht in Grosswangen und Ettiswil tätig, arbeitete in der Möbelfabrik Willisau und als Gipser. Die gewünschte Lehre als Schreiner konnte er – trotz zugesagter Stelle – nicht antreten, weil ihm das Lehrgeld von 500 Franken fehlte. Nach der RS arbeitete er wieder als Gipser und nahm eine Stelle im Tessin an.

1949 heiratete er Hedwig Limacher aus Ebnet/Entlebuch. Nach der Arbeit in einem Imprägnierwerk in Winterthur zog er nach Reussbühl. Während 30 Jahren war er als Magazinchef tätig. Er wurde Vater von vier Töchtern; dazu nahm er zwei Pflegekinder seiner früh verstorbenen Schwägerin in die Familie auf. Franz wurde Grossvater. 1997 starb seine Frau. Der Todestag von Franz Meier ist der 13. Februar 2005.

 

Eine Hörprobe

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Louis Naef

Ende der siebziger Jahre wurde Louis Naef durch viel beachtete Inszenierungen mit Amateurtheatern schweizweit bekannt, so 1979 mit der Uraufführung von Josef Zihlmanns «D Goldsuecher am Napf» im «Leuen»-Saal Hergiswil und 1982 mit «Romeo und Julia in Willisau» nach Gottfried Kellers «Romeo und Julia auf dem Dorfe» mit der Theatergesellschaft Willisau im «Mohren»-Saal. Seit 1986 wirkt Louis Naef als freischaffender Dramaturg, Regisseur und Theaterpädagoge. Bekannt wurde er durch seine bildstarken «Landschaftstheater» vorwiegend im Raum Luzern und in der übrigen Zentralschweiz, in welchen er – meist in Zusammenarbeit mit dem Autor Hansjörg Schneider – regionale geschichtliche Ereignisse oder bekannte literarische Stoffe in die jeweilige Landschaft hineininszenierte. Mit den aufwändigen Inszenierungen, in denen neben einer Vielzahl von Amateuren jeweils einzelne professionelle Theaterschaffende mitwirkten, schuf Naef eine eigenständige künstlerische Form des Freilichttheaters.

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